„No Lätschi !“ oder: Vielleicht belebt Konkurrenz doch das Geschäft !
Wie sagte der Franzi immer zu seiner kleinen Schwester, wenn er ihr wieder mal etwas abforderte ? „Beachte oder mache dies oder jenes“, aber, so fügte er augenzwinkernd hinzu: „no Lätschi !“, heißt: sie soll deswegen jetzt keine „Lätschn“ ziehen, wie man in Bayern sagt, also kein missmutiges Gesicht machen.
Wir wissen jetzt endlich, warum sich die Stadt und der Landkreis Freising vor zwei Jahren aus der Trägerschaft der heimatkundlichen Zeitschrift „Amperland“ verabschiedet haben, die sie sich seit 1965 mit den vier anderen an der Amper beheimateten Trägern Stadt und Landkreis Dachau und Stadt und Landkreis Fürstenfeldbruck geteilt haben. Dieser Tage erreichte uns nämlich die Meldung, dass die Stadt und der Landkreis Freising gemeinsam eine eigene halbjährlich erscheinende, sehr anspruchsvoll auftretende heimatkundliche Publikation mit Namen „Frigisinga“ aus der Taufe gehoben haben. Das erste, sehr ansprechend gestaltete Heft hat 135 Seiten und enthält zehn ortshistorische Aufsätze verschiedener Autoren mit Themen von der Freisinger Korbinianslinde, einem vergangenen sagenhaften Baum, bis zum Mittleren-Isar-Kanal und dem Kraftwerk Prombach bei Moosburg, letzteres unter der Überschrift „Energiewende in Bayern vor 100 Jahren“. Laut Editorial ist die neue Frigisinga als geschichtswissenschaftliche Zeitschrift konzipiert. In zwei jährlichen Heften pro Jahr sollen Historiker, Kunstgeschichtler und Architekturexperten, Archäologen, Archivare und Heimatforscher ihre Forschungsergebnisse präsentieren. Als Fachorgan und Informationsschrift soll sich die neue Zeitschrift aber nicht nur an Experten, sondern an alle richten, die sich für Geschichte interessieren.
Begleitend wurde eine website www.frigisinga.de eingerichtet, die die neue Publikation und die Aktivitäten drumherum sehr ansprechend bewirbt. Die Kosten von 9,50 €/Heft oder 19 € fürs Jahresabo halten sich im Rahmen.
Die Freisinger haben den Zeitpunkt für die Präsentation dieser neuen Zeitschrift klug gewählt: demnächst am 7. Mai eröffnet die Bayerische Landesausstellung, dieses Mal in den Räumen des Diözesanmuseums auf dem Domberg in Freising. Der Titel lautet: „Tassilo, Korbinian und der Bär – Bayern im frühen Mittelalter“ (Dauer bis 3. November 2024).
Damit geht der Blick 1.300 Jahre zurück zu den Ursprüngen unseres heutigen Freistaates. Es darf vermutet werden, dass die Freisinger sich das Einrichten und den Unterhalt dieser neuen Zeitschrift einiges kosten lassen. Natürlich versprechen sie sich von dieser Investition einen Gewinn und einen Nutzen. So wie die Zeitschrift aufgemacht ist und präsentiert wird, wird sie die Identität und das Selbstbewusstsein in Freising als einem alten Hochstift und uralten bayerischen Bischofssitz sicher stärken, zumal in Verbindung mit der diesjährigen bayerischen Landesausstellung, aber sie soll das eben auch noch länger leisten.
Wie aber geht es mit der traditionsreichen heimatkundlichen Vierteljahresschrift „Amperland“ weiter? Die vorläufig letzte Ausgabe ist bereits Ende 2022 erschienen. Damals hieß es, man sei dabei, die Trägerschaft neu zu organisieren und eine neue Druckerei zu suchen. An eingereichten Aufsätzen mangelte es jedoch nicht. Wie man zuletzt gehört hat, haben die verbliebenen vier Träger die für die weitere Finanzierung der Zeitschrift nötigen Gelder inzwischen bereitgestellt. Jetzt muss „nur noch“ ein neuer Trägervertrag formuliert und unterzeichnet werden und ein neuer Druckerei – und Verlagsvertrag abgeschlossen werden. Wie man hört, soll das neue Heft des Amperland ein Doppelheft werden. Viele Heimatforscher warten schon lange darauf, dass die von ihnen eingereichten Aufsätze erscheinen oder dass sie wieder etwas Neues lesen können. Ein Kreis von heimatkundlich engagierten Freunden der Zeitschrift hat immer wieder darauf hingewiesen, dass es ein unverzeihlicher Fehler wäre, die Zeitschrift wegen einigen tausend Euro jährlich, die jeder Träger bei nur etwa 500 Abonnenten und einer Auflage von 1.300 Stück übernehmen muss, sterben zu lassen. Auch die Gründung eines Fördervereins ist schon erwogen worden. Dazu hätte man von der bei der Trägerschaft federführenden Stadt Dachau die Bereitstellung der Adressen der Abonnenten gebraucht, was aber an der Hürde Datenschutz scheiterte.
Ein Aufruf bei den Abonnenten, sich freiwillig zu melden, wäre aber sicher möglich.
Was aber hat das alles mit „no Lätschi“ zu tun ?
Ganz einfach: Konkurrenz belebt das Geschäft. Vielleicht bewirkt das frisch-fromm-fröhlich-freie Vorangehen von Freising mit dem „Frigisinga“, dass man jetzt bei allen Beteiligten und Interessierten merkt, dass, statt sich zu beklagen, allgemein ein frischer Wind zwischendurch einmal ganz gut tut. Das Siechtum des „Amperland“ dauert inzwischen bald zwei Jahre. Das ist für so eine Einrichtung, die hauptsächlich ein schon etwas älteres Publikum hat und dessen Autoren meist auch schon eher etwas älter sind, viel zu lange.
Nota bene:
Ein solcher frischer Wind scheint für Fürstenfeldbruck auch in anderen, der Zeitschrift „Amperland“ durchaus verwandten Bereichen wünschenswert zu sein, wo es auch um bekannte und bewährte heimatkundliche Einrichtungen und das Thema „Ehrenamt“ geht.
Es geht zum einen um die Furthmühle, die seit vielen Jahren als historische Mühle und Museum der Öffentlichkeit aufgrund eines Kooperationsvertrages zwischen dem privaten Eigentümer (und letzten Müller) der Furthmühle und dem Landkreis zur Verfügung stand. Eine Verlängerung dieses Vertrages scheiterte jedoch an nicht näher bekannten Differenzen zwischen dem Landkreis und dem Eigentümer. Aus rechtlichen Gründen (drohender Verlust der Gemeinnützigkeit) kann scheinbar auch der 1992 gegründete Förderverein Furthmühle e. V. nach dem Ausscheiden des Landkreises nicht ohne weiteres einspringen, um die Lücke auszufüllen. Die Mitglieder des Vereins müssten in einer Mitgliederversammlung mit einer 2/3 Mehrheit entweder die Änderung (Erweiterung) des Satzungszweckes oder die Auflösung des Vereins beschließen, wobei 50 % der rund 80 Mitglieder anwesend sein müssten. Bei einem Versuch, am 15.4.2024 eine Umänderung des Satzungszwecks in „Kulturverein Glonner Land“ zu beschließen, waren aber nur 22 Stimmberechtigte da, sodass dieser Versuch scheiterte.
Am kommenden Donnerstag, den 2.5.2024, soll daher nun die Auflösung des Vereins beschlossen werden. Man kann gespannt sein, ob dieses Mal ein Beschluss gelingt. Wenn nicht, müsste nochmals zur Abstimmung über eine Neufassung der Satzung eingeladen und entschieden werden, bei der dann wohl keine Mindestzahl von Anwesenden gefordert wäre. Der amtierende Vorstand plädierte am 15.4.24 für eine Erweiterung des Satzungszweckes zu einem „Kulturverein Glonner Land“, da man dann die Möglichkeit hätte, die immerhin 20.000 € Vereinsvermögen auch ohne den Landkreis zumindest teilweise zum Erhalt des Mühlenmuseums einzusetzen. Wird der Verein aufgelöst, fällt das Vermögen des Vereins dem Landkreis Fürstenfeldbruck mit der Auflage zu, das Vermögen für die Kultur- oder Brauchtumspflege zu verwenden.
FFB-SZ vom 17.4.2024
„Förderverein Furthmühle vor dem Aus“ von Manfred Amann
FFB-SZ vom 15.11.2023
„Aus für das Furthmühle-Museum“ von Peter Bierl
FFB-SZ vom 12.08.2022
„In der Zwickmühle“ von Heike A. Batzer
Es geht zum anderen um das Bauernhofmuseum Jexhof. Auch hier gibt es Querelen zwischen einem Förderverein (Förderverein Jexhof) und dem Landkreis Fürstenfeldbruck. Zum einen geht es um die Nachfolge des Leiters Reinhard Jakob, zum anderen hat die Kreisbehörde den größeren Stadel nach dem starken Schneefall im letzten Dezember wegen einer fehlenden Statik und der Notwendigkeit einer Nachbesserung gesperrt. Bei der Neubesetzung der Leiterstelle favorisiert der Förderverein die schon lange mit dem Jexhofmuseum eng verbundene und aufgrund diverser von ihr mitgestalteter Ausstellungen bestens eingearbeitete Fürstenfeldbrucker Historikerin Elisabeth Lang, die aber von der Kreisbehörde abgelehnt wird. Das Klima zwischen der Kreisbehörde und dem Förderverein ist inzwischen offenbar so vergiftet, dass der Förderverein auch dort vor der Auflösung steht, weil unter den gegebenen Umständen keiner mehr zur Mitarbeit bereit ist.
FFB-SZ vom 4.4.2024
„Der nächste Fall“, Kommentar von Peter Bierl
https://www.sueddeutsche.de/muenchen/fuerstenfeldbruck/schoengeising-jexhof-furthmuehle-1.6519739
FFB-SZ vom 5.4.2024
„Konflikt um den Jexhof eskaliert“ von Peter Bierl
„Der nächste Bürokratie-Streit“, Kommentar von Peter Bierl
Die Berechtigung von Schuldzuweisungen nachzuprüfen, ist für einen Außenstehenden schwierig. Vielleicht würde einmal ein runder Tisch weiterhelfen, in dem Tacheles geredet wird. Das sich abzeichnende Ergebnis jedenfalls ist katastrophal. Die Erklärungen hören sich an wie die der Bahn, die immer häufiger Schienenbrüche reklamiert. Es kann nicht sein, dass über Jahrzehnte mit viel Herzblut von Privatleuten und ehrenamtlich Tätigen aufgebaute und zu Ansehen gebrachte Institutionen und Einrichtungen wie das „Amperland“, der Jexhof oder das Museum der Furthmühle in so dichtem Takt im Gerangel zwischen Engagement, Trägheit und Zuständigkeiten zerrieben und völlig sinnlos an die Wand gefahren werden.
Repro von Johann G. Böhmer