Gemeinderatsdebatte zum Kauf des Rossmann-Grundstücks – noli me tangere !

In Blog by Johann G. Böhmer

Wie das Fürstenfeldbrucker Tagblatt heute berichtet („Kritik an Grundstückskauf in Corona-Zeiten“), hat die Gemeinde am 2.4.2020 in der vorletzten Sitzung des Ferienausschusses in dieser Wahlperiode – bedingt durch Corona tagt der Gemeinderat ja vorläufig nicht mehr, sondern nur noch der Ferienausschuss – zu dem schon am 5.3.2020 gefassten Beschluss zur Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechtes für das sogenannte Rossmann-Grundstück in der Kirchenstraße 12 auch den dafür erforderlichen Nachtragshaushalt beschlossen.

Nach dem heutigen Bericht des Tagblattes hat sich offenbar der Vorsitzende der SPD- Fraktion und Finanzreferent Peter Falk in der Sitzung am 2.4.2020 sehr über die gegen den Eintritt der Gemeinde in den Kaufvertrag votierende CSU-Fraktion und hier vor allem über den bei der Wahl im März nur knapp unterlegenen Bürgermeisterkandidaten Anton Kammerl (CSU) echauffiert, dieser habe ja „keine Ahnung von gemeindlichen Finanzen“, und ihm vorgeworfen, er agiere populistisch, weil er die Corona-Pandemie bzw. deren Folgen als Gegenargument für den Kauf verwende. Dem Tagblatt ist diese Erwiderung Falks sogar eine fett gedruckte Zwischenüberschrift wert, die Falk erst richtig in Szene setzt: „Jetzt die Zukunftschance der Gemeinde zu verspielen, weil man keine Ahnung von Finanzen hat, halte ich für fahrlässig – Peter Falk, SPD Gemeinderat“.

Faktencheck:

Wie man dem Bericht des Tagblatts entnehmen kann, kostet die Gemeinde das Grundstück 3,6 Mio. €. Das Grundstück dürfte etwa 1.200 qm groß sein und ist zweigeschossig mit einem Wohn- und Geschäftshaus aus den 1960er Jahren bebaut. Es gibt derzeit noch keinen konkreten Plan, was die Gemeinde mit dem Grundstück machen möchte. Die Begründung in der Beschlussvorlage zum Gemeinderat vom 5.3.2020 TOP 10 führt nur allgemein aus, das Grundstück könne „beispielsweise für die Schaffung von gemeindlichen Bildungs-, Kultur und soziale Infrastrukturmaßnahmen genutzt werden, wie z. B. Angebote der Kindertagesbetreuung, Jugendangebote, Jugendzentrum, Kultur-, Bildungsangebote, gemeindliche Bibliothek, Angebote für Senioren, ggf. in Ergänzung mit gefördertem Wohnungsbau“.

Bewertung:

Es ergibt sich ein qm- Preis für das Grundstück von ca. 2.800 € zuzüglich Nebenkosten für Notar und Grundsteuer. Die von der Gemeinde am 11.2.2020 beschlossene Sanierungssatzung gibt tatsächlich ein Vorkaufsrecht der Gemeinde für Verkaufsfälle im Sanierungsgebiet her. Die Corona-Pandemie trifft die Wirtschaft jetzt schon hart. Sie wird sicher einen Rückgang der Gewerbesteuereinahmen zur Folge haben und die Kommunen deshalb hart treffen (FOCUS online vom 20.4.2020, 11:59 h: „Gewerbesteuern brechen ein – Linke fordern Kommunenschutzschirm“; BR 24, ebenfalls heute, 13:14 h: „Gewerbesteuern brechen ein: Städte und Gemeinden unter Druck“). Wieso ein Gemeinderatsmitglied in so einer Situation „keine Ahnung von Finanzen“ haben und auch noch ein Populist sein soll, wenn es zur Vorsicht mahnt, ist nicht nachzuvollziehen. Scheinbar sollen im Gemeinderat, wenn es nach Herrn Falk geht, überhaupt keine Gegenmeinungen mehr geäußert werden. Dies widerspricht jeder demokratischen Kultur. Dadurch, dass das Fürstenfeldbrucker Tagblatt diese Äußerung von Herrn Falk in einer Zwischenüberschrift auch noch mit einem Fettdruck adelt, betätigt es sich quasi wie ein Miststreuer, der die Ladung von einem fahrenden Anhänger aus in hohem Bogen breit übers Feld verteilt.

Fazit:

Es ist für politische Zwecke sehr praktisch, wenn man in Form einer unkritischen Presse einen sicheren Multiplikator für Verunglimpfungen hat. Der Unterschied zwischen einem realen Miststreuer und einem Streuer von verbalen Bösartigkeiten ist, dass ersterer – bei richtigem Gebrauch – segensreich ist, der andere jedoch sicher das Gegenteil davon. Halte Abstand – „noli me tangere“ würde der Lateiner sagen.