Schalmeienklänge aus Gröbenzell

In Blog by Johann G. Böhmer

Martin Runge, Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen im Kreistag, lobt im Kreistag plötzlich den CSU-Landrat Karmasin. So ist es dem Kommentar in der heutigen FFB- SZ vom 1./2.8.2020 „Stunde des Lobes“ von Heike A. Batzer zu entnehmen.  Was ist los mit Runge? Grund des Lobes war nach diesem Kommentar in der FFB-SZ die Genehmigung einer Liquiditätshilfe für die Kreisklinik durch Karmasin per dringlicher Anordnung. Runge lobte, weil Karmasin der Kreisklinik so ermöglichte, ihren Mitarbeitern sofort eine Großraumzulage auszuzahlen. Andere Nicht-CSU-Kreisratsmitglieder wie der Bürgermeister von Puchheim Norbert Seidl (SPD) ließen sich scheinbar anstecken und lobten Karmasin und das Landratsamt in derselben Sitzung noch wegen anderer Dinge, u.a. wegen der Glasfaseranschlüsse für die weiterführenden Schulen. Ist plötzlich ein Schmusekurs ausgebrochen? Ist etwa als Folge von Corona das gewohnte Polarisieren „auf Teufel komm raus“ nicht mehr angesagt? Rückt statt persönlicher Profilierung dank Corona inzwischen das Gemeinsame mehr in den Vordergrund?

Ganz so extrem ist es jedoch noch nicht, wie aus einem Bericht im Tagblatt über dieselbe Kreistagssitzung am 23.7.2020 hervorgeht, wo mit einem Bild von Bürgermeister und Kreisrat Schäfer über dessen Kritik in dieser Sitzung an Karmasin berichtet wird, weil bei der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft des Landkreises nichts weitergehe. Schäfer erinnerte, dass Gröbenzell mit dem Züblinzwickel ein entsprechendes Projekt am Start habe. Wie Karmasin berichtete, muss der Landkreis allerdings demnächst den Geschäftsführerposten neu besetzen, weil der bisherige Geschäftsführer, ein früherer Kreisrat, den Posten offenbar abgeben will.

Letzte Woche ist Hans-Jochen Vogel hochbetagt gestorben. Vogel hat in seiner Zeit als OB 1969 auf eine Petition der Familie Böhmer hin den Bau eines modernen Bürogebäudes auf dem damaligen Betriebsgelände des Kieswerks und Transportbetonwerkes ermöglicht. Dies verschaffte dem Betrieb damals Luft einerseits gegenüber der Gewerbeaufsicht, die das Fehlen von Sozialräumen für die Arbeitnehmer beanstandet hatte, sowie andererseits gegenüber dem Naturschutz, dem der Betrieb ein Dorn im Auge war.

Leider sind wir über 50 Jahre später mit der Nachfolgenutzung als Naherholungsgebiet immer noch nicht soweit, wie viele das wünschen. Von Gröbenzeller Seite, dort von Seiten vor allem der GRÜNEN, wurde schon sehr früh die Beteiligung des Erholungsflächenvereins kritisiert, weil dieser die Überörtlichkeit ja schon im Namen trage. Nach Meinung von Faktencheck ist dies ein sehr konstruiertes Argument. Damit wird vor allem die Arbeit des Erholungsflächenvereins völlig zu Unrecht madig gemacht. Hans-Jochen Vogel war in den 1960er Jahren einer der beiden Väter des Erholungsflächenvereins, neben dem damaligen Landrat des Landkreises München Dr. Peter Hecker (CSU). Beide arbeiteten parteiübergreifend zusammen und hoben 1965 den Erholungsflächenverein aus der Taufe. Dieser Verein hat im Umkreis von München seitdem mehrere Dutzend Naherholungseinrichtungen geschaffen, dies mit einem Team von nur drei festangestellten Leuten. Diese Effizienz ist kaum zu übertreffen. Vogel schreibt daher in seinem Rückblick auf seine 12 Jahre als OB in München „Die Amtskette“, 1972, S. 202: „Der Erholungsflächenverein ist diejenige meiner Gründungen, auf die ich eigentlich am meisten stolz bin„. Vogel schloß seine Bewertung im Jahr 1972 mit dem Hinweis, dass sich an den Sommerwochenenden zwischen 50.000 und 70.000 Stadt- und Regionsmünchner in den Anlagen des Vereins erholen, und fügte hinzu: „Ich glaube, diese Aktivität wird auch von späteren Generationen noch anerkannt werden“. Bis auf Gröbenzell hat Vogel damit auch recht gehabt.