Neubau Rathaus: Des passt ned z`samm !

In Blog by Johann G. Böhmer

Warum brauchen wir so ein großes Rathaus ? Warum wurde die Fläche Anfang 2016 nach abgeschlossener Bedarfsermittlung plötzlich um 20 % vergrößert ?

Dass dies so gelaufen ist, ist unbestreitbar, wurde aber von der Gemeindespitze  und dem Gemeinderat bisher bagatellisiert. Der breiten Öffentlichkeit wird die Größe des neuen Rathauses erst allmählich bewusst, seit der Rohbau in die Höhe wächst.

Faktencheck:

 Das alte 2018 abgerissene Rathaus hatte in seinen drei Baukörpern eine Nutzfläche von 1600 qm (950 qm Büros, 240 qm Sitzungssaal, Besprechungszimmer, Teeküche, Stüberl im KG, 50 qm WCs, 360 qm Lager). Darin war Platz für 59 Arbeitsplätze.

In dem im Frühjahr 2015 angemieteten und im Herbst 2015 bezogenen Interimsrathaus in der Danziger Straße 23 steht etwas mehr Fläche zur Verfügung: 960 qm Büros, 270 qm Sitzungssaal mit Teeküche, Besprechung, 400 qm Lager, 75 qm WCs, insgesamt 1.700 qm. Das bietet Platz für 61 Arbeitsplätze.

Für das neue Rathaus wurde Stand 8.5.2015 von der Verwaltung folgender Bedarf ermittelt:

1.300 qm Büros, 200 qm Fraktionszimmer, 350 qm Sitzungssaal, Teeküchen, Stüberl und Besprechung, insgesamt rund 2.500 qm.  Es sollten 10 neue Mitarbeiter dazu kommen, d.h. der der Neubau sollte Raum bieten für 71 (61 + 10) Arbeitsplätze.

Ausgelobt wurde dann im Frühjahr 2016 ein Bau mit 2.941 qm Nutzfläche (ohne TG und ohne Hausmeisterwohnung). Mit Hausmeisterwohnung waren es 3.136 qm Nutzfläche, bzw. 6.600 qm BGF mit TG. Das Siegerbüro Behnisch gab eine Arbeit mit knapp 7.000 qm BGF ab. Bis zum Vorentwurf wurde der Entwurf auf 6.350 qm BGF verkleinert. Das liegt geringfügig unter der Fläche, die bei der Auslobung gefordert wurde. Wir haben also im Endeffekt eine Steigerung des Raumprogramms gegenüber dem Dezember 2015 um 20 % (die Hausmeisterwohnung herausgerechnet), sprich ein Fünftel. Zwar wurde das von der Verwaltung vorgelegte Raumprogramm Stand 8.5.2015 im Gemeinderat am 17.12.2015 nicht ausdrücklich als maßgeblich gebilligt, jedoch war dieses Raumprogramm gleichwohl Grundlage der Beschlussfassungen dort unter TOP 10. Der TOP lautete: „BV Rathaus: VOF-Verfahren und Architektenwettbewerb sowie Raumprogramm“.

In dem mit einem Möblierungsvorschlag versehenen Vorentwurf Behnisch vom 6.4.2017 kann man 103 Arbeitsplätze zählen, das sind 32 Arbeitsplätze mehr als in der Aufstellung vom 8.5.2015 als Bedarf angenommen.

Wertung:

Es ist nirgendwo erklärt, warum die Gemeinde Gröbenzell so viel mehr Arbeitsplätze braucht als sie heute hat. Man hat offenbar mit nicht zutreffenden Zahlen gearbeitet bzw. das Projekt für die Öffentlichkeit am Anfang kleiner gerechnet, als dann in Wirklichkeit weiter geplant wurde.

Von Transparenz kann keine Rede sein. Es wäre für die Beratung im Gemeinderat gut gewesen, wenn es das Organisationsgutachten damals schon gegeben hätte. Dieses Gutachten wurde erst später erstellt. Es ist der Öffentlichkeit bis heute nicht bekannt, sondern nur dem Gemeinderat und der Verwaltung.

Durch das größere Flächenvolumen erklärt sich auch die enorme Kostensteigerung:

Die erste Kostenschätzung vom Mai 2015 in dem von der Gemeinde beauftragten Gutachten von emproc ergab für die Kostengruppen 200 – 700, d.h. ohne die Außenanlagen, einen Bruttobetrag von 10,5 Mio. €. Die Kostenprüfung des Siegerentwurfs Behnisch durch das Ingenieurbüro Schmid kam für die Kostengruppen 200 – 700 auf 14.685.000 € (für 6.980 qm BGF), Stand 6.4.2017. Jetzt sind wir bei einem Vergabestand von etwa 90 % bei etwa 21 Mio. €. Das ist eine Verdoppelung gegenüber dem Mai 2015 schon jetzt !

Grund für die Kostensteigerung ist also nicht nur die schwierige Auftragslage, sprich das allgemeine Problem, überhaupt Handwerker zu bekommen.

Nimmt der Gemeinderat seine ihm nach dem Gesetz obliegende  Kontrollaufgabe war oder hat man sich im Hinterzimmer um der Akzeptanz in der Öffentlichkeit willen geeinigt, Pläne vorzustellen, von denen man von vorneherein wußte, dass sie schön gerechnet sind, nur um den Einstieg in das Projekt zu finden ?

Hintergrund:

Noch während der Überlegungen, wie man die offensichtliche Raumnot im Rathaus beheben kann, ob durch eine Erweiterung des Bestandes oder durch einen kompletten Neubau, reagierte der Historische Verein „Die Gröbenhüter“ auf die Überlegung, den Mittelbau aus 1971 von Götz-Dieter Raths zu sanieren und nur die Flügelbauten von 1954 durch Neubauten zu ersetzen, mit dem Vorschlag, doch das Rathaus von 1954 als Pendant zu der Alten Schule stehen zu lassen und mit einem Neubau zu kombinieren.  Dies mündete in eine Veranstaltung des Vereins „Die Gröbenhüter e. V.“ „Neues Rathaus – alles weg oder was?“ vom 18.1.2016, die ausgezeichnet besucht war und viele Argumente für diese Lösung hören ließ. Leider kam die Veranstaltung jedoch zu spät, um noch genügend Bürger für das Anliegen des Vereins zu mobilisieren und einen Umschwung pro Erhalt des ersten Gröbenzeller Rathauses von 1954 herbeizuführen.

Geschickte Verhinderungsstrategie der Gemeinde – Ankündigung Alternativausschreibung

Dabei spielte eine Rolle, dass die Rathausspitze dem Vorschlag der Gröbenhüter geschickt den Wind aus den Segeln nahm, indem sie verkündete, man wolle dem Vorschlag  trotz aller voraussichtlich mit ihm verbundenen Probleme wie Mehrkosten, höhere Schwierigkeit der Bauaufgabe, entstehende Platzprobleme für die notwendige Tiefgarage, Rechnung tragen, indem man die Aufgabe alternativ ausschreibe und es den Wettbewerbsteilnehmern überlasse, für welche Variante sie sich entscheiden, ob sie das erste Rathaus erhalten wollen oder nicht. Gleichzeitig änderten die Verwaltung und der von der Gemeinde beauftragte Wettbewerbsbetreuer die Wettbewerbsvorgaben jedoch so, dass der Alternative „Kombination von alt und neu“ der Boden entzogen wurde, indem klammheimlich der Raumbedarf von 2.500 qm auf 3.000 qm Nutzfläche (bzw. auf 3.200 qm bei Mitberücksichtigung einer Hausmeisterwohnung) hochgeschraubt wurde.

Fehlende Transparenz bei der Vorauswahl der Bewerber

Dazu passend ließ man die Vorauswahl aus den eingegangenen 44 Bewerbungen – daraus mussten nach einem Gemeinderatsbeschluss vom 21.1.2016 25 Teilnehmer ausgewählt werden, dazu kamen fünf von den Fraktionen gesetzte Teilnehmer – nur durch den Wettbewerbsbetreuer vornehmen und nicht durch ein auch mit Mitgliedern aus dem Gemeinderat besetztes Gremium, wie es an sich üblich ist und laut einer Beschlussvorlage für den Gemeinderat am 17.12.2015 auch für dieses Projekt vorgesehen war.

Unfaire Handhabung des Wettbewerbs

Die nachträgliche stillschweigende Veränderung der Wettbewerbsaufgabe war sowohl gegenüber dem Wettbewerbsteilnehmer, der von den Freien Wählern gesetzt worden war, wie auch gegenüber den örtlichen Freien Wählern nicht fair, da dieser Planer seine Bereitschaft zur Teilnahme an dem Wettbewerb unter anderen Umständen zugesagt hatte. Gleichzeitig wurde das Recht der Freien Wähler auf chanchengleiche Mitwirkung an dem Wettbewerb dadurch unterlaufen.

Fazit: Viele Ungereimtheiten und fehlende Kontrolle des Ablaufs durch den Gemeinderat