Faktencheck Ortsplanung Teil I – Warten auf Godot

In Blog by Johann G. Böhmer

Wann geht’s mit den Aktualisierungen des Flächennutzungsplans und des Rahmenplans weiter?

Die Ortsplanung war bei Beginn der Wahlperiode 2014 in wichtigen Punkten nicht mehr auf einem für den Bauvollzug im Bauamt und im Landratsamt  befriedigenden Stand. Das Landratsamt hatte schon vor längerer Zeit angemahnt, den Flächennutzungsplan, der seit dem ersten Erlass im Jahre 1980 weit über dreißig punktuelle, d.h. auf kleine Bebauungsplanbereiche bezogene Änderungen erfahren hatte, der Rechtsklarheit wegen für das Gesamtgebiet der Gemeinde auf einen neuen Stand zu bringen. Flächennutzungspläne stellen die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde für das gesamte Gemeindegebiet in den Grundzügen dar (§ 5 Abs. 1 BauGB). 2004 ist in das BauGB in § 5 Abs. 1 Satz 3 erstmals eine Überprüfungspflicht des Flächenutzungsplans eingeführt worden, wonach der Flächennutzungsplan spätestens 15 Jahre nach seiner erstmaligen oder erneuten Aufstellung überprüft und soweit nach § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich, geändert, ergänzt oder neu aufgestellt werden sollte. Diese Vorschrift ist zwar 2007 wieder aufgehoben worden, weil die Kommunen sich dadurch zu sehr gegängelt fühlten. In der Sache besteht aber kein Zweifel, dass Flächennutzungspläne irgendwann einmal überarbeitet gehören.

Ähnliches gilt für den Rahmenplan der Gemeinde, der 1982 verabschiedet wurde, also vor 38 Jahren. Aufgabe des Rahmenplanes war es laut dem Vorwort des damaligen Bürgermeisters Dr. Bernd Rieder, „ein langfristiges Zukunftsbild über den grundsätzlichen Charakter und das Gesicht unserer Gemeinde zu entwerfen, an dem sich kurzfristige Entscheidungen orientieren können“.  Es heißt dann weiter: „Die Aussagen betreffen also die grundsätzliche Zielrichtung der Gemeindepolitik. Es sind darin Fragen der Einwohnerentwicklung, die baulichen und planerischen Aspekte des Ortsbildes, Fragen nach dem Gartenstadtcharakter und den Möglichkeiten seiner Erhaltung genauso angesprochen wie die Fragen des Verkehrs und der Gestaltung des unmittelbaren Ortszentrums“.  

Faktencheck:

In der Gemeinderatssitzung am 23.10.2014 fasste der Gemeinderat unter TOP 12 zu einem Antrag des Planungsreferenten vom 8.10.2014 auf Fortschreibung des Rahmenplans – der Antrag fußte auf einem Beschluss des Plenums der örtlichen AGENDA 21 vom 2.7.2014 – einstimmig einen Schiebebeschluss mit dem Inhalt, aufgrund der personellen Situation in der Verwaltung derzeit nicht mit der Bearbeitung dieses Projekts zu starten. Bis März 2015 werde die Verwaltung prüfen, wann mit der Bearbeitung dieses Projekts begonnen werden kann und den Gemeinderat entsprechend informieren.

In der Gemeinderatssitzung am 18.2.2016 beschloss der Gemeinderat unter TOP 5 mit 21:0 Stimmen, dass der Flächennutzungsplan der Gemeinde Gröbenzell überarbeitet werden soll, und dass die Verwaltung beauftragt wird, die fehlerhaften Festsetzungen  im bestehenden rechtsgültigen Flächennutzungsplan aufzulisten und dem Gemeinderat vorzulegen.  

Zwar wurden, soweit neue Bebauungspläne aufgestellt wurden, für Teilbereiche Verfahren zu Änderungen des Flächennutzungsplanes betrieben – dies betraf das Gemeindegrundstück für die Bogenschützen westlich des Ascherbachs, die Ortsmitte und das Areal von Aldi, letztere Verfahren stehen vor der Öffentlichkeitsbeteiligung (GR vom 11.5.2017, TOP 4), ersteres Verfahren steht vor dem Abschluß (GR vom 21.11.2019, TOP 5) – jedoch gibt es zu dem Verfahren für den gesamten Flächennutzungsplan noch keine weiteren Verfahrensschritte. Die nächsten Verfahrensschritte wären die frühzeitige Behörden- und Bürgerbeteiligung. Für zwei weitere Teilbereiche (Wohngebiet Gröbenzell Ost und Gemeinbedarfsfläche Gröbenzell-Ost) wurden Vorschläge der Verwaltung für die Änderung der Nutzungsart im Flächennutzungsplan bis zur Behandlung in den Fraktionen zurückgestellt (GR vom 15.12.2016, TOP 7).

Die Verwaltung bringt vor, sie sei trotz formalem Stillstand auf diesem Gebiet nicht untätig gewesen und verweist auf durchgeführte Vorarbeiten:

  • Erstellung des Einzelhandelsgutachtens von CIMA (abschließende Beschlussfassung im Gemeinderat vom 19.11.2015, TOP 5)
  • Erstellung eines kommunalen Baulandkatasters und Demografiekonzepts durch den Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum vom 21.9.2017 (GR-Sitzung vom 21.9.2017,  Sondersitzung „Bevölkerungsprognose“, TOP 3)  
  • Erstellung eines Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzepts – ISEK  (Sondersitzung im Gemeinderat am 29.11.2018; Behandlung des Abschlussberichtes vom Juli 2019 in der Gemeinderatssitzung am 25.7.2019, TOP 5)
  • Teilnahme an der Studie der TU München „Siedlungswesen WAM“, (GR-Beschluss vom 20.11.2014, TOP 7)
  • Teilnahme an der Struktur- und Potentialanalyse des Landkreises Fürstenfeldbruck (GR-Beschluss vom 20.11.2014, TOP 8).
  • Erstellung Radverkehrskonzept (Präsentation des Abschlussberichts im Gemeinderat am 25.7.2019, TOP 5).

Derzeit steht noch das 2017 in Auftrag gegebene Integrale Hochwasserschutzkonzept aus, an dem die Gemeinde als Gröbenbachanrainerin über eine kommunale Zweckvereinbarung mitbeteiligt ist (GR-Beschluß vom 23.2.2017, TOP 8).  Die Vorlage der schon 2017 beauftragten Studie ist bereits mehrfach angekündigt.

Bewertung:

Das für Gröbenzell erstellte ISEK ist eine Vorbedingung für die finanzielle Förderung von städtebaulichen Maßnahmen durch den Freistaat Bayern  (Teilnahme am Förderprogramm „ISEK“). Die Maßnahmen eines ISEK beziehen sich auf ein bestimmtes vom Gemeinderat beschlossenes Sanierungsgebiet nach §§ 136 ff BauGB. Das am 25.7.2019 festgesetzte Sanierungsgebiet umfasst die Kirchenstraße mit einem Stück der Puchheimer Straße, die Bahnhofstraße mit noch einem kleinen Stück über den Abzweig der Eschenrieder Str. hinaus, die Rathausstraße, ein Teilstück der Hermann-Löns-Straße sowie Teile der Augsburger Straße und der Olchinger Straße bis zur Post, insgesamt sicher weniger als 10 % des Gemeindegebietes.

Es ist eine Bedingung für die von der Gemeinde im Jahr 2014 erstrebte Aufnahme in die Städtebauförderung, dass die zu fördernden Maßnahmen mit der allgemeinen Ortsentwicklung in Bezug gesetzt werden. Deswegen hat die Förderstelle empfohlen, entweder ein gesamtörtliches Konzept in Form eines Rahmenplans oder ein integriertes Stadtentwicklungskonzept (ISEK) zu erstellen. Auch die Variante „Rahmenplan“ wäre bereits förderfähig gewesen. Die Verwaltung hat sich jedoch sofort auf die Variante eines ISEK mit Fokus auf die Ortsmitte verlegt und der Gemeinderat ist dem gefolgt.

Es ist wahrscheinlich dem Zeitdruck geschuldet, unter dem die Förderanträge Ende 2014 bis zum 1.12.2014 einzureichen waren, dass der Gemeinderat nicht mit der zur Verfügung stehenden Alternative, dass auch ein Rahmenplan hätte gefördert werden können, befasst worden ist. Nachdem aber die Gemeinde für 2015 bei der Förderung nicht zum Zuge kam und für das Folgejahr ein neuer Antrag eingereicht werden musste, wäre 2015 Zeit gewesen, auch die Alternative „Rahmenplan“ dem Gemeinderat vorzustellen und die Entscheidung, welcher Weg gegangen werden soll, dem Gemeinderat zu überlassen.

Es steht zu befürchten, dass es wie bei den sog. Briefmarkenbebauungsplänen auch bei der Gesamtplanung für das Gemeindegebiet im Klein-Klein weitergeht. Eine Verlinkung des ISEK mit den Ebenen darüber „Flächennutzungsplan“ und „Rahmenplan“ war wegen des Alters dieser Pläne praktisch kaum möglich.

Der 2015 geltend gemachte Hinderungsgrund „Personalmangel in der Bauverwaltung“ kann heute nach der schon seit längerer Zeit erfolgten Personalaufstockung kein Grund mehr sein, die Aktualisierung des Flächennutzungsplans und des Rahmenplans weiter zu schieben. Die Stellenzahl in der Abteilung Bauverwaltung/Ortsplanung (Geschäftsbereich Bauamt, Abteilung 3) beträgt nach dem Organigramm vom Februar 2020 acht Stellen, die auch alle besetzt sind. Dazu kommen vier Stellen in der Leitung des Bauamts, das ist doppelt soviel wie 2014. Nach dem Organigramm vom März 2014 waren es in der Abteilung der Bauverwaltung (einschließlich Planung) nur vier Stellen, also halb soviel. In der Abteilung Umwelt wurden die Stellen von 2014 auf 2020 verdoppelt (von zwei Stellen auf vier Stellen). Da es seit vielen Jahren üblich ist, Planungsleistungen an externe Büros zu vergeben, muß die Verwaltung auch keinesfalls alles selbst machen.

Das Thema „vorläufige Sicherung der Überschwemmungsgebiete“ hat den Einstieg in das Verfahren nie gehindert und ist außerdem auch in der Korrektur seit 2018  abgeschlossen.

Fazit:

Auf den Ebenen „Aktualisierung des Flächennutzungsplans und des Rahmenplanes“ passierte seit den einleitenden Beschlüssen auf das Ganze gesehen nichts, und wenn doch, dann war es für einen Außenstehenden bisher nicht erkennbar – Warten auf Godot ?