Regeln für ein besseres Miteinander

In Blog by Johann G. Böhmer

Im neuen auf 30 Sitze erweiterten Gemeinderat werden sicher viele neue Gesichter auftauchen. Ob Martin Schäfer für eine zweite Amtszeit gewählt wird, wissen wir spätestens nach einer Stichwahl – falls es dazu kommt. Spannend ist, ob Herausforderer des Bürgermeisters im neuen Gemeinderat vertreten sein werden.

Was steht an und was tut Not im neuen Gemeinderat ? Ich meine, man sollte sich zuerst auf für alle verbindliche Regeln verständigen, die man dann  natürlich auch einhalten sollte. Gelegenheit dazu wäre gleich bei der Überarbeitung der Geschäftsordnung, die bei Beginn einer jeden neuen Sitzungsperiode neu beschlossen werden muss. Und dann gibt es auch noch Punkte im Umfeld.

1. Überarbeitung der Geschäftsordnung

a) es sollte festgeschrieben werden, dass die Referenten von der Verwaltung frühzeitig in die Sitzungsvorbereitung einbezogen werden, sodass sie nicht erst mit der Ladung von einer Sitzungsvorlage erfahren. Eine Information oder ein Miteinbezug in die Sitzungsvorbereitung vor der Ladung war zu der Zeit, als ich Gemeinderat und Referent für Planung und Ortsentwicklung war (von Mai 2014 bis Frühjahr 2016) nur sporadisch der Fall. Ich weiß, dass auch andere Referenten über den fehlenden Einbezug durch die Verwaltung in die Sitzungsvorbereitung geklagt haben. Außer dem Miteinbezug eines Referenten in eine Sitzungsvorbereitung wäre auch wünschenswert, dass ein Referent Gelegenheit erhält, ab und zu bei wichtigen externen und internen Gesprächen des von seinem Referat betroffenen Sachgebietes dabei zu sein, z. B., wenn es um die Förderfähigkeit einer Maßnahme geht oder wenn Abstimmungsgespräche mit Behörden, Planern oder Sachverständigen stattfinden.

b) bei dem Recht, in einer aktuellen Viertelstunde Fragen zu stellen, sollte klargestellt werden, dass dieses Recht auch auswärts wohnenden Personen zusteht, wenn die Frage einen Bezug zu Gröbenzell hat (z. B. der Arbeitsplatz oder Grundbesitz befindet sich in Gröbenzell, ein Angehöriger ist in Pflege in Gröbenzell). Es sollte geregelt werden, dass der Gemeinderat auch in anderen Fällen ein Rederecht zugestehen kann (Ermessen).

Begründung:

Die Zubilligung des Fragerechts wurde in der letzten Wahlperiode teilweise sehr restriktiv gehandhabt, z. B. durch Abdrängen der Frage auf eine schriftliche Beantwortung durch die Verwaltung. Es entspricht jedoch dem Demokratieprinzip besser, wenn Fragen offen begegnet wird.

c) Anträge von Fraktionen oder einzelnen Gemeinderatsmitgliedern sollten nicht mehr zuerst in der (möglichst) nächsten Gemeinderatssitzung ohne jegliche Ausführungen der Verwaltung zur Sache und ohne Beschlussvorschlag auf die Tagesordnung gesetzt werden (um zu beraten und beschließen, ob die Sache überhaupt von der Verwaltung weiter behandelt werden soll und nach welchen Maßgaben).

Begründung:

Diese Art der Antragsbehandlung wird im Gemeinderat leicht zu einem Schaulaufen vor den in der Sitzung anwesenden Pressevertretern missbraucht. Der gängige zur Begründung vorgebrachte Grund, damit sollen unnötige Vorbereitungszeiten in der Verwaltung eingespart werden, und die Verwaltung wolle vom Gemeinderat erst einmal wissen, ob sie sich näher mit einer Sache befassen soll, trifft nur bei einer oberflächlichen Betrachtung zu. Denn ohne eine Einschätzung des Antrags durch die Verwaltung kann der Gemeinderat gar nicht  substantiiert, d.h. auf Fakten gestützt beraten.

2. Strengere, die Rechte anderer schützende Sitzungsleitung

Die Sitzungsleitung sollte einschreiten und dies unterbinden,

a) wenn ein Mitglied des Gemeinderats in einer Sitzung offensichtlich versucht, einen Gemeinderatskollegen oder Dritte in Misskredit zu bringen oder ohne Grund persönlich herab zu setzen.

b) wenn ein Mitglied des Gemeinderats versucht, Schranken des Datenschutzes zu umgehen (z. B. durch Fragen an die Verwaltung nach der Identität eines Antragsstellers in „Was-bin-ich-Manier“).

Solche Grenzüberschreitungen sind in der letzten Wahlperiode mehrfach geduldet worden.

3. Flucht an die Öffentlichkeit

Der Gemeinderat sollte überlegen, ob und wie er es sanktionieren will, wenn ein Mitglied des Gemeinderats in nichtöffentlicher Sitzung bekannt gegebene Tatsachen öffentlich macht, auch dann, wenn das Gemeinderatsmitglied sich dazu als berechtigt ansieht (sog. „Flucht an die Öffentlichkeit“). Der Gemeinderat sollte die Presse bitten, solche Tatsachen in der öffentlichen Berichterstattung nicht zu verwenden, wenn sich ein solcher Tatbestand abzeichnet.

Begründung:

Die Flucht in die Öffentlichkeit ist nur zulässig, wenn es kein anderes Mittel mehr gibt (ultima ratio) und die Verhältnismäßigkeit gewahrt ist, also zur Aufdeckung schwerer Missstände. Diese Voraussetzung war in einem in der Wahlperiode 2014 – 2020 geschehenen Fall, als es um das sog. Kirchenprivileg ging, nicht gegeben.

4. Kein Missbrauch des „Gröbenzell im Blick“ (GIB) zu Äußerungen unter der Gürtellinie (Ehrverletzungen) 

Die Verfasser von Artikeln für das Gröbenzell im Blick sowie der 1. Bürgermeister als presserechtlich verantwortliche Person sollen darauf achten, dass Äußerungen nicht ehrverletzend sind.

Begründung:

Ehrverletzende Äußerungen wurden im GIB 2016 mindestens in einem Fall publiziert, ohne Beanstandung oder Sanktion. Es geht auch um das Klima in der Gemeinde.

5. Reaktion auf Eingaben

Der 1. Bürgermeister, seine Stellvertreter oder die Verwaltung sollen bei Erhalt einer an sie adressierten Eingabe (Petition) den Erhalt bestätigen und der Petentin/dem Petenten bei voraussichtlicher längeren Bearbeitungsdauer eine Zwischennachricht geben, bis wann sie/er mit einer Antwort auf die Eingabe rechnen kann.

Begründung:

Diese an sich selbstverständliche Regel wurde – aus welchen Gründen auch immer – nicht immer eingehalten. Die Einhaltung der Regel ist ein Gebot der Höflichkeit, verursacht nicht viel Aufwand  und gehört zu einem positiven Erscheinungsbild der Gemeinde.

6. Zweck der Bürgerversammlung beachten

Mitglieder des Gemeinderats sollten sich in der Bürgerversammlung zurückhalten und sich grundsätzlich auf Beiträge zur Klärung von Sachverhalten beschränken.

Begründung:

In der Bürgerversammlung 2018 führte es zu Mißstimmung unter den Bürgern, dass Gemeinderäte sich mit sehr ausführlichen Wortbeiträgen gegen Bürgerkritik wehrten.

7. Respektvoller Umgang mit Bürgern, auch wenn deren Ansicht nicht „paßt“  

Die Verwaltungsspitze, die Mitarbeiter der Verwaltung und die Mitglieder des Gemeinderates sollen den Bürgern stets respektvoll begegnen, insbesondere auch dann wenn der Bürger eine andere Meinung vertritt oder sich ungerecht behandelt fühlt.

Begründung:

Bei der Diskussion um die Änderung des Bebauungsplanes 11 (Freyastraße) aber auch sonst wirkten einige Äußerungen der Verwaltungsspitze und von Mitgliedern des Gemeinderats überheblich (z. B. Ankündigung des „Abfrühstückens“ der Äußerungen von Planbetroffenen, Bezeichnung der Nachbarin einer geplanten Asylbewerberunterkunft in einem Leserbrief als „bekannte Querulantin“).

Fazit:  

Nicht Kraftmeierei und Arroganz sind gefragt, sondern Fingerspitzengefühl, Respekt und eher bescheidene Sachlichkeit.