The masked winner

In Blog by Johann G. Böhmer

Vor kurzem berichtete die SZ, dass Andrea Tandler die Provision von 48 Mio. Euro aus dem von ihr vermittelten Maskengeschäft wohl behalten darf.

SZ vom 18.10.2022: „Andrea Tandler darf 48 Mio. Euro wohl behalten“.

https://www.sueddeutsche.de/bayern/maskenaffaeren-andrea-tandler-millionenprovisionen-csu-bayern-sauter-1.5676398?reduced=true

(für SZ-Plus Kunden).

Anlass für diese Vermutung ist die Entscheidung des Obergerichts des Kantons Zürich, das beschlagnahmte Handy eines der Maskenverkäufer nicht an die Staatsanwaltschaft München herauszugeben. Diese hatte die Herausgabe beantragt, weil sie darauf Nachrichten vermutete, die den Nachweis strafbarer Handlungen ermöglichen sollten. Konkret ging der Verdacht der Münchner Staatsanwaltschaft dahin, dass ein Teil der 48 Millionen Euro Provision als Bestechungsgeld für jemand im Berliner Gesundheitsministerium gedacht war, welches die Masken auf die Vermittlung der Frau Tandler hin für 700 Mio. Euro von der Fa. EMIX gekauft hat. Dem Schweizer Gericht kam diese Vermutung zu konstruiert vor. Die Münchner Antragsteller mussten sich auch entgegenhalten lassen, dass das Landgericht München I im März 2022 einen 2021 gegen Frau Tandler ergangenen Durchsuchungsbeschluss als unrechtmäßig aufhob, weil ihm die Verdachtslage zu dünn war.

Dies ist die zweite ganz erhebliche Schlappe der Münchner Justiz beim Versuch, gegen Profiteure aus der CSU und deren Umkreis aus der Vermittlung von Maskengeschäften vorzugehen. Die einstigen CSU-Abgeordneten Georg Nüßlein (Landtag) und Alfred Sauter (Bundestag) hatten sich ihre Maskenprovisionen schon früher gesichert, nachdem das OLG München am 16.,17. und 18. November 2021 ihren Beschwerden gegen einen Haftbefehl, gegen Durchsuchungsbeschlüsse und gegen Vermögensarreste stattgegeben hatte, weil der Tatbestand der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern gemäß § 108 e StGB nicht erfüllt sei, da sie mit ihrer Vermittlungstätigkeit kein politisches Mandat ausgeübt hätten.

https://www.justiz.bayern.de/gerichte-und-behoerden/oberlandesgerichte/muenchen/presse/2021/31.php

Es war allerdings absehbar, dass § 108 e StGB als Rechtsgrundlage für eine Strafbarkeit nicht ausreichen würde, weil schon bei Erlass des Gesetzes kritisiert wurde, dass dieser Paragraph löchrig wie ein Schweizer Käse ist, siehe die harsche Kritik von Thomas Fischer, Die Zeit 27/2014 vom 26.6.2014, der unter der Überschrift „Dieses Gesetz ist ein Witz!“ urteilte: „Elf Jahre lang hat der Bundestag über ein Gesetz gegen politische Korruption nachgedacht. Jetzt endlich hat es das Parlament beschlossen. Aber es ist wie schlechter Käse – viel Luft, wenig Substanz. Nur ein Abgeordneter, der sich extrem dumm anstellt, kann überhaupt bestraft werden“. Fischer, ehemals Vorsitzender Richter des 2. Strafsenats am BGH und seit vielen Jahren Verfasser des Beck`schen Kurz-Kommentars zum StGB, kritisiert in dem Artikel auch, dass die 2014 erfolgte Änderung des Paragrafen zur Abgeordnetenbestechung nach 10 Jahren Beratung plötzlich innerhalb einer Woche durchgepeitscht worden ist.

Soll also mit dahingemurksten Gesetzen nur der Anschein ernsthafter strafrechtlicher Verfolgung erweckt werden, um die breite Masse solange zu beruhigen, bis wieder Gras über die Sache gewachsen ist?

Für das Vertrauen der Bevölkerung in den Staat sind solche anhaltenden Gebrechen nicht gut. Noch läuft wegen dieser Maskengeschäfte ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss (PUA) im Bayerischen Landtag. Der Untersuchungsausschuss wurde am 8.12.2021 mit den Stimmen aller Parteien auf Antrag von Abgeordneten von Bündnis 90/Die GRÜNEN, SPD und FDP durch das Plenum des Bayerischen Landtags eingesetzt. In einer Zwischenbilanz der CSU-Fraktion vom 28.7.2022 äußerte der Vorsitzende des PUA Prof. Dr. Bausback (CSU), dass sich auf der anderen Seite – als erste, positive Seite nannte er, dass Beamte wie auch ehrenamtliche Helfer bis zur Erschöpfung alles gegeben hätten, um den Eintritt einer noch größeren Katastrophe abzuwenden – das negative Bild verfestigt habe, „dass und wie sich einzelne Mandatsträger – Herr Sauter und Herr Nüßlein – sowie Privatpersonen wie Frau Tandler in moralisch verwerflicher Weise an der Not durch astronomisch hohe Provisionen selbst bereichert haben“.

https://www.csu-landtag.de/lokal_1_4_1764_UA-Maske-Zwischenbilanz-der-CSU-Fraktion.html

In einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss geht es nicht um die strafrechtliche Verantwortlichkeit – dafür sind die Gerichte da – sondern um die Feststellung allgemein von Missständen und die politische Verantwortlichkeit.

Ende Juli 2022 hatten an 26 Sitzungstagen bereits mehr als 70 Zeugenbefragungen stattgefunden. Dem Untersuchungsausschuss liegt ein von allen Fraktionen im Bayerischen Landtag gemeinsam formulierter, sehr detaillierter Fragenkatalog vor, der die zu untersuchenden Sachverhalte minutiös benennt. Dabei geht es um das Zustandekommen der Maskenkäufe (Vergabe), die Prüfung der erfolgten Lieferungen, die Zertifizierung und die Tauglichkeit der Ware, die geflossenen Gelder, insbesondere der Provisionen, die Gesamtangebotslage und das Tätigwerden von Abgeordneten, insbesondere, ob Einfluss genommen wurde.

https://www.bayern.landtag.de/parlament/gremien/untersuchungsausschuesse/untersuchungsausschuss-maske/

siehe dort den Beschluss vom 8.12.2021 (Drs. 18/19471).

Einer der Hauptangriffspunkte ist neben den geflossenen Provisionen, dass die durch Vermittlung von Frau Tandler oder Herrn Sauter oder Herrn Nüßlein gekauften Masken nicht nur weitaus teurer waren als anderwärts angebotene Masken, sondern auch noch mangelhaft.

Die SZ berichtet heute über einen Auftritt zweier Gutachter am Montag, den 24.10.2022, im Untersuchungsausschuss, nach deren Einschätzung die Millionen Schutzmasken, die der Freistaat 2020 teuer eingekauft hat, wegen unzureichender Zertifizierung gar nicht in den Verkehr oder an medizinisches Personal hätte abgegeben werden dürfen. Dies beträfe insbesondere Masken aus dem Geschäft, das von Frau Tandler vermittelt worden ist. Zu der Frage, ob die Masken ungeachtet der mangelhaften Zertifizierung eine ausreichende Schutzwirkung hatten, konnten die Gutachter nach dem Zeitungsbericht nichts sagen, da ihnen keine Masken aus der damaligen Lieferung hätten überlassen werden können.

Das heißt, die Stellen, die die Maskenlieferungen entgegengenommen haben, haben offenbar keine Masken für eine spätere Tauglichkeitsprüfung auf die Seite gelegt !

Es heißt in dem Bericht weiter, ein Teil der Masken aus einer anderen Lieferung, die auf Vermittlung des langjährigen CSU-Abgeordneten Sauter zustande kam, habe dagegen noch geprüft werden können, jedoch habe die Prüfung dort ergeben, dass die Masken den angegebenen Schutzstandard FFP3 nicht erfüllen. Das lässt die Befürchtung aufkommen, dass auch die Masken aus der Vermittlung von Frau Tandler nicht den notwendigen Schutzstandard aufwiesen.

Laut Bericht weist das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) die Kritik der beiden Gutachter zurück, weil die Gutachter sechs Monate für ihr Gutachten gebraucht hätten, eine Zeitspanne, die dem LGL damals in der akuten Notlage nicht zur Verfügung gestanden wäre. Laut Bericht will der Ausschussvorsitzende die Gutachten der beiden Gutachter nun dem LGL zur Prüfung zuleiten.

Es überrascht nicht, dass mit zunehmendem Druck auf die Verantwortlichen versucht wird, eigene Fehler zu vertuschen und Verantwortlichkeiten, d.h. den schwarzen Peter, woanders hin zu schieben.

Man darf gespannt sein, wie es hier weiter geht und was vor allem am Ende herauskommt.


Collage und Zeichnung: JGB